Olympische Segelwettbewerbe: Theresa Steinlein beendet Olympia-Premiere als starke Sechste

03/08/2024 - 21:47 in Sport by DSV Deutscher Segler Verband

… anderen gab die Bucht von Marseille zum Auftakt der zweiten Halbzeit Rätsel auf

Windsurferin Theresa Steinlein schrammte am siebten Tag der Olympia-Regatta in der Bucht von Marseille nur knapp an der Sensation vorbei. Die 22-jährige iQFOiL-Athletin vom Norddeutschen Regatta Verein hatte das Viertelfinale mit einem Blitzstart eröffnet. Nach anfänglicher Führung blieb sie mit herausragender Geschwindigkeit souverän in den Top-Zwei. Das hätte zum Einzug ins Halbfinale gereicht, doch dann stellte ein Winddreher die Reihenfolge auf dem Wasser auf den Kopf.

In ihren Worten überschlugen sich die Ereignisse so: „Ich hatte einen mega guten Start, war mega schnell. Ich habe das Feld von Beginn an angeführt, bin dann nach dem Gate als Zweite auf den Upwind gegangen. Fünf Mädchen sind mir hinterhergefahren. Es ging hier jetzt drei Monate lang über die rechte Seite. Deshalb habe ich mich auch heute bemüht, so schnell wie möglich auf die rechte Seite zu kommen. In diesen zwei Minuten ging es dann aber über die linke Seite. Die beiden letzten im Feld haben die linke Seite genommen, weil sie nicht Letzte bleiben wollten. Und haben damit den Lucky Punch gelandet. Manchmal spielt das Glück mit. Das ist heute den zwei zunächst Letzten zugefallen, leider nicht mir. Das muss ich so hinnehmen. Das ist halt Segeln. Ich würde die gleichen Entscheidungen nochmal treffen.“

Die weisen Worte kamen aus dem Mund der Team-Jüngsten, die ihre Enttäuschung über den so unglücklich verpassten Halbfinaleinzug schnell mit Blick aufs Erreichte überwinden konnte: „Wenn mir jemand bei meinem Einstieg ins Windsurfen gesagt hätte, dass ich vier Jahre später Olympia-Sechste werde, dann hätte ich das sofort genommen.“ Die Windsurf-Aufsteigerin verabschiedete sich mit Größe von ihrer Olympia-Premiere und hat die Fortsetzung ihrer Karriere im Visier. In der Beach-Arena vor den Pitlanes der Finalistinnen sagte Theresa „Resi“ Steinlein: „Wenn alles so bleibt wie in den letzten Jahren, dann mache ich auf jeden Fall weiter. Ich habe das beste Setup mit meinem Trainer Daniel Slijk. Und wir dürfen an einem mega coolen Ort am Gardasee trainieren, können dort ganz viele Wasserstunden sammeln. Dazu der coole DSV-Support – das ist zusammen das Beste, was man haben kann.“

Steinleins Teamkameraden hatten am Nachmittag in der launischen Bucht von Marseille komplexe Aufgaben zu lösen. In stark wechselndem Winddruck von Löchern mit null Knoten bis zu Druckböen von 20 und mehr Knoten, war schon das Bändigen der Boote eine wichtige Aufgabe an diesem Tag. Für die Olympia-Dritten von Enoshima, Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer (Kieler Yacht-Club) markierte dieser Samstag den Beginn ihrer Nacra-17-Serie. „Der Auftakt war holprig“, berichtete Vorschoterin Alica Stuhlemmer am Abend im Olympia-Hafen Marseille. Paul Kohlhoff sagte: „Wir hatten direkt eine enge Situation mit den Schweden, haben gekringelt und waren oben trotzdem wieder in den Top-Ten. Die Gruppe vor uns war sehr eng zusammen. Ich dachte „Vollgas!“ und habe etwas zu viel Risiko genommen. Wir sind dann gekentert. Es war erst ein Windloch, dann eine Böe mit über 20 Knoten. Dabei ist der Pinnenausleger abgebrochen. Wir sind dann noch 18. geworden.“ Zu den schwierigen Windverhältnissen, so Kohlhoff, sei noch eine „chaotische Welle“ gekommen, „großer Atlantik-Swell mit langen, großen und hohen Wellen, dann noch mit Chop obendrauf“. Diese Wellen kämen „aus allen Richtungen und in allen verschiedenen Typen“, beschrieb der erfahrene Foiling-Steuermann das turbulente Szenario. Kohlhoff sagte: „Das Boot fliegt auch nicht bei jeder Welle noch stabil. Man kämpft die ganze Zeit mit dem Boot.“

Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer vom Kieler Yacht-Club © DSV/Sailing Energy

„Ich bin mal so frei und sage, dass auch wir die Bedingungen heute nicht ganz verstanden haben“, räumte freimütig Steuermann Simon Diesch (Württembergischer Yacht-Club) ein. Mit Vorschoterin Anna Markfort (Verein Seglerhaus am Wannsee/Joersfelder Segel-Club) war er am Vortag als Gesamt-Dritter stark in die olympische Premiere der 470er-Mixed-Crews eingestiegen. An Tag zwei musste das Duo Federn lassen, fand sich am Abend nach den Rängen 9 und 10 auf Platz sieben wieder. Anna Markfort beschrieb, mit was es die Crews auf dem Wasser zu tun bekamen: „Es war absehbar, dass die aktuell hier herrschenden hohen Temperaturen über Land etwas mit dem Wind machen werden. Und so war es auch. Der Wind musste dann auch erst noch über eine Insel kommen, bevor er hier in der Bucht ankommt. Das hat man auf dem Wasser eben gespürt. Es war sehr, sehr löchrig. Es waren teils starke Böen dabei, aber auch starke Löcher. Es waren so schnelle Dreher dabei, dass man kaum gucken konnte. Kein Rhythmus, den zumindest wir erkennen konnten.“ Am Abend hatte die Crew noch einen Antrag auf Wiedergutmachung laufen. Simon Diesch sagte: „Wir sind der Überzeugung, dass wir auf der Ziellinie einen Leedurchbruch hatten und da der Überzeugung sind, dass sie uns zu weit hinten aufgeschrieben hatten.“

Wie Diesch/Markfort hatten auch Ilca-7-Steuermann Philipp Buhl (Segelclub Alpsee-Immenstadt/Norddeutscher Regatta Verein) und Ilca-6-Steuerfrau Julia Büsselberg mit den diffusen Bedingungen zu kämpfen. Der 34-jährige Allgäuer fiel mit den Rängen 26 und 11 auf Platz 14 zurück. Nach seiner Rückkehr in den Hafen sagte Philipp Buhl: „Es tut schon weh, wenn es in den Bedingungen, auf die man sich eigentlich freut, die man besonders gut kann, irgendwann gar nicht mehr läuft.“ Vier weitere Rennen bleiben Buhl im dritten Olympia-Anlauf, wieder möglichst weit vorzurücken. Sein eigener Blick auf die weiteren Aussichten: „Die Medaille ist noch nicht ganz weg, aber ziemlich weit weg.“

Julia Büsselberg fiel mit den Rängen 27, 24 und 27 auf Platz 20 zurück. „Ich weiß nicht, woran es gelegen hat. Ich habe mich auf der Kreuz nicht schrecklich langsam gefühlt. Definitiv habe ich die Stärke, auf dem Vorwind schnell zu sein, nicht ausspielen können. Da war ich echt langsam unterwegs. Und dann bin ich auch nicht ganz dahintergekommen, was der Wind heute gemacht hat. Nicht richtig war es heute bei uns, die Dreher in der Mitte auszufahren.“ Julia Büsselbergs Plan für den Abend: „Debriefing, mit einem Film aufs Fahrrad, Seele baumeln und die Beine wieder lockerlassen.“

 

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