Tag 12 der olympische Segelwettbewerbe

10/08/2024 - 18:12 in Sport by DSV Deutscher Segler Verband

Die Segelnationalmannschaft hat die Olympia-Regatta in Marseille ohne Medaillen, aber mit einem furiosen Finale der Kiter beendet. Die schwachen Winde sorgten auch am letzten Tag der olympischen Segelserie noch einmal dafür, dass eine Medaillenentscheidung auf den Folgetag verschoben werden musste, in diesem Fall auf den olympischen Reservetag. Die Kite-Finalisten im Männer-Wettbewerb kämpfen am morgigen Freitag um die Medaillen. Leonie Meyer (Norddeutscher Regatta Verein) und Jannis Maus (Cuxkiters) verpassten die Finalläufe als jeweils Zweite ihrer Halbfinalbegegnungen nach großem Kampf nur knapp. Beide sorgten mit ihren fünften Plätzen bei der eigenen und der historischen Olympia-Premiere des attraktiven Kitesports für die besten DSV-Ergebnisse bei diesen von extremen Leichtwindttagen geprägten Spielen.

Bevor die Kiter am Finaltag alle Augen auf sich und ihre foilenden Boards unter farbenfrohen Lenkdrachen zogen, waren die jeweils zehn besten Mixed-Crews in den Medaillenrennen für 470er und Nacra 17 gefordert. Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer (Kieler Yacht-Club) gelang zum Abschluss im leichtwindigen Katamaran-Finale noch ein fünfter Rang. Im Abschlussklassement blieb es bei Platz acht für die Olympia-Dritten von Enoshima.

Steuermann Paul Kohlhoff zog an Tag zwölf der Olympia-Regatta eine kurze Bilanz: „Das Team, der Verband und alle drumherum haben auf dem Weg hierher einen extrem guten Job gemacht. Die haben sich nicht viel vorzuwerfen. Wir als Nacra-Team haben mit so wenig Wind wie bei dieser Olympia-Woche einfach nicht gerechnet. Das hat unsere schon verkleinerte, aber vorhandene und bekannte Achillesferse getroffen.“ Sein Team mit Alica Stuhlemmer hatte vor dem zweiten gemeinsamen Olympia-Einsatz zu den DSV-Medaillenhoffnungsträgern gezählt. Doch konnten die Kieler Katamaran-Asse ihre Bronze-Leistung von Enoshima nicht wiederholen.

Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer © DSV/Sailing Energy

Nach den Zweihand-Jollen und den im Finale kaum foilenden Katamaranen gehörte die olympische Bühne von Marseille den Kitern. Abwechselnd trugen Männer und Frauen erst ihre Halbfinals, dann ihre Finalläufe aus. Wobei die Männer nicht mehr zur Entscheidung kamen, weil der Wind erneut einbrach. Die Halbfinalläufe der jeweils zwei Gruppen bei den Männern und Frauen zeigte, worauf sich Tausende Fans auf der Mole des Olympia-Hafens Marseille, in der Beach-Arena und an den Stränden gefreut hatten: Packende Action, Aufholjagden, Positionskämpfe und Spannung bis ins Ziel.

Jannis Maus bekam es in seinem Halbfinale mit dem Österreicher Valentin Bontus, dem Briten Connor Bainbridge und dem Amerikaner Markus Edegran zu tun. Zwei konnte er nach gelungenem Start souverän in Schach halten, doch Valentin Bontus gewann den Lauf und zog ins Finale ein. Als Fünfter bei seiner Olympia-Premiere zog Jannis Maus nach kurzer Enttäuschung über den verpassten Finaleinzug sehr versöhnlich Bilanz, sagte: „Ich bin bei der WM Top-Fünf gefahren. Wenn es mehr geworden wäre, dann wäre das absolut fantastisch gewesen. Natürlich wäre eine Medaille der Hammer gewesen, aber auch so kann ich sehr zufrieden sein. Ich habe das Ziel, dass ich mir selbst gesteckt hatte, erreicht.“

Beim Blick zurück auf die stark verkürzte Serie, in der aufgrund anhaltend schwieriger Leichtwindverhältnisse bei den Männern nur 7 von 16 geplanten Rennen in der Hauptrunde ausgetragen werden konnten, sagte der dynamische Fahrer von den Cuxkiters: „Ich hätte vielleicht in der sehr verkürzten Regatta etwas mehr Risiko eingehen können, aber das ist halt ein bisschen ein Rückschaufehler, im Nachhinein leicht festgestellt.“ Fürs Finale der Kiter am Freitag drückt Jannis Maus einem Akteur die Daumen: „Ich finde, dass Max Maeder es auf jeden Fall verdient hätte. Er ist so solide gefahren. Er ist so ein toller Sportsmann. Ich hoffe, er schafft es.“ Die eigene Kite-Premiere will Jannis Maus gerne fortsetzen: „Es ist eine tolle Leistung, dass wir Kiter mit zwei fünften Plätzen das beste deutsche Ergebnis abliefern konnten. Für mich geht es auf jeden Fall weiter mit dem Sport. Es macht mir viel zu viel Spaß, als dass ich jetzt sagen würde: einmal Spiele und das war’s.“

Nach Jannis Maus war Leonie Meyer in ihrem Halbfinale gefordert, in dem es ihr die Gegnerinnen zunächst schwerer machten, als es der Kielerin lieb war. Dass sie als Fünfte zum starken deutschen Kite-Auftritt genauso beitrug wie Jannis Maus, war vor allem ihrem Kampfgeist und ihrer guten Geschwindigkeit zu verdanken.

Zwar schied Leonie Meyer nach einem dramatischen Halbfinallauf, grandioser Aufholjagd und packendem Zielduell mit der Holländerin Annelous Lammerts aus. Doch das war unter Wert geschlagen. Meyers Protest gegen eine Vorfahrtsverletzung der niederländischen Siegerin wurde nicht stattgegeben. Meyer berichtete nach dem Halbfinale: „Meiner Meinung nach hat sie da auf jeden Fall eine Regel gebrochen. Ich habe direkt protestiert. Dann haben sie uns reingeschickt. Dann kamen die Tränen. Dann haben sie uns wieder rausgeschickt, weil hier am Strand gesagt wurde, dass die Holländerin disqualifiziert wurde und es halt mein Race Win ist. Wir sind also alle wieder rausgefahren, um dort ganz lange zu warten und dann doch zu erfahren, dass sie sie nicht disqualifiziert haben.“

Leonie Meyer © DSV/Sailing Energy

Leonie Meyer hat eine beeindruckende Olympia-Woche bestritten und will es voraussichtlich nicht dabei belassen. Die 31-Jährige sagte nach dem Halbfinale mit ihrem Sohn Levi auf den Schultern: „Es waren krasse Entbehrungen, die man als Mama hergeben musste. Aber es lohnt sich natürlich. Jetzt würde ich das gerne nochmal machen und mit einer Medaille nach Hause kommen. Ich habe auf jeden Fall diese Woche gezeigt, dass das Potenzial da ist.“

Mit zwei fünften Kite-Plätzen, zwei sechsten Plätzen durch die jungen Skiffseglerinnen Marla Bergmann und Hanna Wille und die erst 22-jährige Windsurferin Theresa Steinlein sowie dem achten Platz durch Kohlhoff/Stuhlemmer konnten fünf von zehn DSV-Teams die Top-Ten erreichen. Leistungsträger wie Windsurf-Welt- und Vizeweltmeister Sebastian Kördel (12.), der 2020er-Ilca-7-Weltmeister Philipp Buhl (13.) oder die 470er-Mixed-Vizeeuropameister Simon Diesch und Anna Markfort (14.) verfehlten ihre Medaillenziele, nahmen sich nach der extremen Leichtwindserie aber dafür vor allem selbst in die Pflicht.

Für die Segelnationalmannschaft ist es die erste olympische Segelregatta seit 2012, die bei starken Erfolgen der Kiter und einiger jüngerer Teams ohne Medaillen blieb. Zuletzt konnten die DSV-Segler im japanischen Enoshima eine Silber- und zwei Bronzemedaillen gewinnen. DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner sagte: „Für eine detaillierte Analyse ist es während der noch laufenden Wettkämpfe etwas früh, aber sie wird intensiv, offen und ehrlich kommen.“

Fürs gesamte Team sagte Nadine Stegenwalner: „Natürlich sind wir enttäuscht, denn wir alle brennen für dieses Team. Wir haben aber auch gerade bei den jüngeren Teams einige gute Ergebnisse erzielt, die Zuversicht für 2028 machen. Andere sind leider unter ihren Erwartungen geblieben, haben nicht ihr Potenzial abrufen können. Die Wetterbedingungen waren hier besonders, aber natürlich auch für alle gleich. Sie waren aber leichter, als wir es in vielen Trainings hier hatten. Zudem hat sich das Format verkürzt, die Reservetage sind rausgefallen – auch das war neu. Wir werden gründlich analysieren, aber eines ist auch klar: Das nächste Olympiarevier 2028 in Los Angeles ist wieder ganz anders. Es werden andere Rahmenbedingungen sein, es ist eine andere Zeitzone. Die Trainingsmöglichkeiten werden in Übersee andere sein, alleine von der Anreise her. Dementsprechend muss man – egal, wie gut man abgeschnitten hat – immer prüfen: Was kann man aus diesem Zyklus lernen? Was lief gut und was muss man anpassen? Und das wird klar und ehrlich und auch bis zu einem gewissen Grad schonungslos erfolgen müssen.“

 

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