Nach der Präsentation der Bénéteau Oceanis 37.1 bei ihrer Weltpremiere auf dem Cannes Yachting Festival haben wir uns nach Port Ginesta in der Nähe von Barcelona begeben, um das neueste Modell der erfolgreichen Oceanis-Reihe unter die Lupe zu nehmen.
Bei der Version, die die französische Werft zum Test mitbrachte, handelt es sich um die First Line (nicht zu verwechseln mit der sportlicheren First-Reihe) für private Eigner mit mehr Leistung dank Squaretop und Rollgenua.
Die Oceanis 37.1 ersetzt die 38.1 und wurde von der französischen Marc Lombard Design Group für die Bootsarchitektur und von der italienischen Nauta Design für das Deck und die Innenausstattung entworfen, die beide eine langjährige Partnerschaft mit Bénéteau pflegen. Was Lombard betrifft, so ist dies das dritte Modell, das vom Team des Designstudios unter der Verantwortung von Eric Levet entworfen wurde, aber wir betrachten es als das letzte Vermächtnis von Marc, der im Alter von nur 64 Jahren im September 2023 starb. Seine Krankheit hatte ihn bereits dazu veranlasst, den Stab an eine Gruppe von jungen Designern weiterzugeben, die in seinem Atelier seine Vision fortführen.
Wenn man das Boot am Liegeplatz betrachtet – unser Testexemplar war in einem eleganten Blau gehalten, mit einem weissen Heckspiegel als Kontrast – erkennt man die ausgewogenen Proportionen. Es mag trivial erscheinen, ist es aber nicht. Unter 40/42 Fuss ist es nicht einfach, die Bedürfnisse nach Volumen und Bewohnbarkeit mit Ästhetik und dem richtigen Verhältnis zwischen Länge und Aufbauten zu verbinden. Am Heck fällt uns sofort ein Detail auf, das ich persönlich sehr schätze. Es hat mit Sicherheit zu tun und ist von Racebooten entlehnt (Marc Lombard ist neben vielen anderen der Vater der Figaro 2): die Rettungsinsel liegt fast offen Richtung Heck. Auch wenn wir hoffen, dass wir es nie brauchen werden – wir haben die Gewissheit, dass sie schnell einsatzbereit ist, ohne sie aus einem versenkten Fach herausziehen zu müssen. Die Klappe davor wird zur praktischen Stufe für den zentralen Zugang zum Cockpit.
Auf beiden Seiten bieten Fächer reichlich Stauraum. Am Heck selbst befindet sich eine praktische Badeplattform, welche die Badeleiter aufnimmt. Sehr nützlich auch, um von Land aus an Bord zu gehen, in manchen Fällen wird die Gangway sogar überflüssig. Im Cockpit, wie im gesamten Boot, wird der Raum mit äusserster Rationalität ausgenutzt, um einen Komfort zu bieten, der mit einem 40-Fuss-Boot vergleichbar ist. Die beiden Steuerräder sind seitlich angebracht, um den Durchgang zu erleichtern. Der zentrale Tisch, der beim Segeln eine solide zentrale Stütze bietet, unterteilt das für die Grösse des Bootes üppige Cockpit. Wir haben auch die zusätzlichen Haltegriffe geschätzt, sowohl am Tisch als auch an den Steuersäulen, die immer nützlich sind. Die Steuerbordsäule trägt ein 7-Zoll-Raymarine-Display, das auch als Kartendisplay verwendet werden kann, indem man die SD-Karte in den Steckplatz unter der Konsole einführt, gut geschützt vor Spritzwasser und Wettereinflüssen. An Steuerbord befindet sich das Motordisplay mit -hebel. Die Yacht ist mit einem 40-PS-Yanmar ausgestattet – für den Einsatz in Binnengewässern gibt es jedoch auch eine elektrische Version mit einem 12-kW-Torqeedo. Das elektrische Ankerspill kann (mit dem von Quick gelieferten System) vom Cockpit aus bedient werden.
Das Cockpit, die Badeplattform und die Sitzbänke sind aus Holz, aber nicht aus Teak, sondern aus Iroko, das entsprechend behandelt wurde (Iro-Deck), um Risse durch die Witterungseinflüsse zu vermeiden. Es steht dem klassischen Teakholz in Haptik und Optik in nichts nach und ist eine ausgezeichnete Wahl für die Erhaltung einer natürlichen Ressource wie Teak.
Der höhere Aluminiummast der First-Line mit Spiroidal-Takelage ruht auf dem Deck und verfügt über zwei gepfeilte Salingspaare, die das Achterstag überflüssig machen. Ein Schema, das bereits bei anderen kleineren Oceanis, der 30.1 und der 34.1, angewandt wurde. Ausserdem ist das Grosssegel der First Line-Version mit Squarehead beim Übergang von einer Seite zur anderen nicht hinderlich. Es handelt es sich um Cruisingboote, bei denen die einfache Handhabung und der Platz an Bord im Vordergrund stehen, auf Kosten der Möglichkeit der Feinabstimmung, an der die durchschnittlichen Benutzer dieses Bootstyps kein Interesse haben.
Auch die Grosssegelschot wird als «German Mainsheet» ohne Traveller gefahren und mit einem Doppelkreislauf zu den Stoppern neben den Winschen geführt – immer in Reichweite des Steuermanns. In der Tat ist die 37.1 so konzipiert, dass sie mit kleinster Crew oder sogar Einhand gesegelt werden kann. Auch die beiden Winschen für die Schoten befinden sich in Reichweite des Steuermanns und können für das Grosssegel, die überlappende Fock oder den Code Zero verwendet werden. Die Standardkonfiguration schliesst die Selbstwendefock ein, besonders praktisch, wenn man ohne Crew manövrieren muss. Als Option ist auch die Rollgenua erhältlich, deren Schiene sich auf dem Deckshaus befindet und die einen sehr engen Schotpunkt germöglicht.
Die Genua wird auf der Rollreffanlage am Bugspriet aufgerollt, der auch als Ankerstütze dient und auf der eine erfahrene Crew einen Code Zero oder Gennaker fahren kann. Bei der First-Line-Version ist dieser Furler flacher, was aerodynamisch effizienter ist. Charakteristisch für diese Version sind auch die zwei Winschen auf dem Deckshaus anstelle der standardmässigen einzelnen. Die Winschen auf dem Deckshaus werden für die Fallen, aber auch für die Gennakerschot verwendet, die bei den Charterversionen nicht zum Einsatz kommen wird.
Die Rumpflänge beträgt 10,99 Meter, was 36 Fuss und 1 Zoll entspricht, während die Gesamtlänge einschliesslich Bugspriet 11,93 Meter beträgt, was 39 Fuss und 2 Zoll entspricht. Die maximale Breite beträgt 3,92 Meter, während der Standardtiefgang 2,10 Meter miss, es gibt aber auch eine Version mit reduziertem Tiefgang von 1,63 Metern. Die Verdrängung im Leerzustand ist leicht, 6864 kg einschliesslich 1800 kg Ballast. Die Form des Rumpfes wird von der Werft als tulpenförmig definiert und zeichnet sich durch einen Knick aus, der vom Bug über die gesamte Bordseite verläuft und zum Heck hin harmonisch ansteigt, mit einer leicht gewölbten Form.
Das Unterwasserschiff ist relativ schmal für für wenig Lateralplan (also benetzte Fläche), das ergibt weniger Reibung und mehr Speed. Lombard’s Trick: Unten schmal bleiben und oben das Rumpfvolumen ab der Chinekante weiter verbreitern, um sowohl ein grösseres Wohnvolumen zu schaffen als auch eine höhere Formstabilität bei grösseren Krängungswinkeln zu bieten. Darüber hinaus erhöhen die Chines die generelle Steifigkeit des Rumpfes. Um das Boot auch bei Krängung jederzeit perfekt kontrollieren zu können, gibt es weit hinten am Heck zwei Ruderblätter.
Die Innenausstattung ist nüchtern und elegant, im klassischen Nauta Designstil, mit hellen Nussbaumpaneelen und Eichenholz, die Stoffe sind beige, und das Ganze ist sehr einladend und hell. Links vom Niedergang befindet sich der Kartentisch, der bei vielen Booten dieser Kategorie schon fast eine Seltenheit ist und dessen Sitz Teil des C-förmigen Sofas im Salon ist. Um den Tisch herum können sechs Personen bequem sitzen, zwei von ihnen auf dem mittleren Sitz, der auf zwei Schienen unter den Tisch geschoben werden kann, um die Bewegung im Innenraum zu verbessern. Die Kombüse mit dem Kühlschrank mit doppeltem Zugang und die üppigen Stauräume der Kombüse nehmen die gesamte Steuerbordseite ein.
2-Kabinen Eigner-Variante oder 3 Kabinen?
Die Standardversion verfügt über zwei Kabinen im Bug und im Heck mit einem einzigen Bad und einem grossen Stauraum im Heck. Es ist möglich, achtern zwei Kabinen einzurichten, wobei auf das Kingsize-Doppelbett verzichtet werden kann. Ein zweites Bad kann in der Eignerkabine im Bug eingebaut werden, wobei das Bett anstelle des länglichen Kingsize-Bettes etwas schmaler und längs der Steuerbordseite angeordnet wird.
Es sei daran erinnert, dass Bénéteau, sowohl als Segelbootmarke als auch als Multimarkengruppe, bei der Vorstellung eines neuen Modells berücksichtigen muss, dass zu seinen besten Kunden die grossen Charterunternehmen gehören. Die Fahrtenyachten von Bénéteau müssen daher sowohl die Bedürfnisse des nautischen Tourismus als auch die des anspruchsvollen Eigners erfüllen. Aus diesem Grund gibt es immer verschiedene Innenausstattungen und unterschiedliche Konfigurationen von Rigg, Ausrüstung und Zubehör.
Das Wetter zeigte sich von seiner rauen Seite, hoher Seegang machte es sogar unmöglich, den Hafen zu verlassen. Wir blieben noch einen Tag länger in Barcelona, aber auch am nächsten Tag konnten wir die geplante Testfahrt nicht durchführen und somit auch keine Segeldaten erfassen. Der Bénéteau-Manager, der uns das Boot zeigte und auch einige Nächte an Bord verbrachte, erzählte uns, dass sich das Boot dank der leichten Verdrängung bereits bei 6 Knoten mit Code Zero bewegt, wodurch der Motor nur in seltenen Fällen als Flautenschieber eingesetzt wird.
Wie bei allen anderen Modellen bietet Bénéteau einen Vernetzungsservice an Bord an, ähnlich dem, den viele von uns bereits im Auto nutzen. Mit der mobilen App Seanapps und der On-Board-Unit lässt sich mit dem Smartphone der Status der verschiedenen Systeme des Bootes überwachen: Füllstand der Batterien, Treibstoff- und Wassertanks, Wartungsarbeiten sowie die Möglichkeit, Routen zu planen, Waypoints abzufahren oder den Kurs zu verfolgen.
Giuliano Luzzatto
Bénéteau Oceanis 37.1 First Linie
LÄNGE ÜBER ALLES 11.93 M
BREITE 3.92 M
VERDRÄNGUNG 6 864 KG
TIEFGANG KURZKIEL 1.63 M
TIEFGANG LANGKIEL 2.1 M
Höhe über Wasserlinie 16.6 M
KRAFTSTOFF 130 L
FRISCHWASSERTANK 355 L
MAX. MOTORLEISTUNG Yanmar 40 PS mit Saildrive
CE ZERTIFIKAT A8/B10/C10
DESIGN MARC LOMBARD/NAUTA DESIGN