Was wäre, wenn der wahre Wert eines Explorer-Yachts erst nach der Auslieferung beginnt? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Blue Design Summit 2025 in La Spezia, bei dem Branchenführer und Designer darüber diskutierten, wie diese Schiffe zunehmend als dynamische Plattformen statt als statische Besitztümer wahrgenommen werden.
Da Explorer-Yachten zur bevorzugten Wahl einer neuen Generation von Ultra-High-Net-Worth Individuals (UHNWI) werden, betonten die Redner: Die Gestaltung des Yachts ist heute nur die halbe Aufgabe. Die andere Hälfte? Das Design dessen, was nach der Auslieferung geschieht. Diese Eigner wollen die entlegensten Winkel des Planeten erkunden – und erwarten, dass ihre Yachten mit ihnen wachsen, sich ihrem Lebensstil anpassen und weit über die Jungfernfahrt hinaus Mehrwert bieten.
Design mit langfristiger Perspektive
Explorer-Yachten sind darauf ausgelegt, weiter zu fahren, länger auf See zu bleiben und autonomer zu operieren als konventionelle Yachten. Doch echte Autonomie betrifft auch Funktionalität, Komfort und Selbstversorgung. Diese Schiffe sind nie Impulskäufe – sie sind Ausdruck einer Absicht, entworfen für bewusste Entdeckungsreisen in sich wandelnden Umgebungen.
Das erfordert von den Designern eine Denkweise, die weit über die Ästhetik hinausgeht: Langlebigkeit und Effizienz der Technologien, Funktionalität in abgelegenen Gewässern und Anpassungsfähigkeit an verschiedene Lebenskontexte. Modulare Innenräume, wandelbare Flächen und vorbereitete Infrastrukturen für zukünftige technologische Updates sind mittlerweile essenziell, um das Leben an Bord nach der Auslieferung vorauszudenken. Von der Brücke mit Ferndiagnosesystemen bis hin zu Innenräumen, die sich an das Personal anpassen lassen – das Design nach der Auslieferung muss bereits in der Entwurfsphase beginnen.
After-Sales als integraler Bestandteil des Design-Briefs
Die vorausschauendsten Werften und Designer vollziehen aktuell einen grundlegenden Wandel: Der After-Sales-Service ist eine Erweiterung des Designprozesses. Das bedeutet: Vorbereitung auf zukünftige Refits, Vorausahnung neuer Technologien und wartungsorientierte Gestaltung. In Weltregionen mit begrenztem technischem Support sind intelligente Diagnosesysteme, intuitive Anlagen und Fernunterstützung – oft KI-gestützt – von entscheidender Bedeutung.
Dieser Paradigmenwechsel stand im Mittelpunkt des Panels „The Big Players“ am 15. Mai beim Blue Design Summit, moderiert von Fabio Pozzo. An der Diskussion nahmen führende Branchenvertreter teil: Vasco Buonpensiere (Cantiere delle Marche), Diego Deprati (Baglietto), Sebastiano Fanizza (Next Yacht Group) und Vincenzo Poerio (Tankoa). Alle hoben die wachsende Bedeutung des langfristigen Werts, der nachhaltigen Kundenzufriedenheit und der Notwendigkeit hervor, die Auslieferung nicht als Endpunkt, sondern als Zwischenetappe zu betrachten.
Vertrauen gestalten – noch vor dem Yachtbau
Wenn ein Eigner sich 2.000 Seemeilen vom nächsten Hafen entfernt befindet, wird die Beziehung zur Werft, zum Designer und zum Support-Team entscheidend.
Da Kunden eine Plattform für lebenslange Erlebnisse erwarten, bieten einige Werften heute spezielle Teams für die Zeit nach der Übergabe, um sicherzustellen, dass jede Reise persönlich bleibt und reibungslos verläuft.
Dieses Konzept wurde in den Design-Roundtables „Change: Present and Future“ weiter vertieft. In der Morgensession reflektierten Branchengrößen wie Gianni Zuccon, Mario Pedol, Fulvio De Simoni und Tommaso Spadolini über die grundlegenden Prinzipien des Yacht-Designs. Später teilte eine neue Generation von Designern – Martino Majno, Stephen Vafiadis, Daniele Mazzon und Giorgio Cassetta – ihre Perspektiven darauf, wie sich ihre Studios auf eine Zukunft ausrichten, die durch Nachhaltigkeit, Flexibilität und emotionale Resonanz geprägt ist.
Rebecca Gabbi