Wie Alfonso Postorino, ein Fachmann mit langjähriger Erfahrung in der Yachtindustrie und im Refit großer Yachten, in diesem Artikel hervorhebt, entwickelt sich das Zusammenspiel aus umfangreicher Wartung, Überholung, Reparatur, technischen Upgrades und/oder ästhetisch-funktionaler Umgestaltung bestehender Yachten zunehmend zu einer eigenständigen Industrie, mit Prozessen und Kompetenzen, die sich klar von denen des Neubaus unterscheiden. In diesem Kontext etabliert sich Italien als einer der strukturiertesten und wettbewerbsfähigsten Hubs im Mittelmeerraum.
Refit als Industrie? Ist Refit nicht einfach eine abgeleitete und eng mit dem Neubau verknüpfte Tätigkeit? Ja und nein. Yacht-Refit entsteht zwar aus der Neubautätigkeit, ist jedoch geprägt von absolut eigenen und einzigartigen Dynamiken, die es zu einer völlig eigenständigen Industrie machen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Neubauwerften eine Refit-Abteilung eröffnen, doch meist aus zwei Gründen:
um überschüssige Arbeitskräfte einzusetzen und/oder vorhandene Flächen in Zeiten eines schwächeren Neubau-Marktes zu nutzen;
um den Kontakt zum Kunden zu halten (oder neue zu gewinnen), um beim nächsten Neubauprojekt als erstes angefragt zu werden.
In der Praxis jedoch lassen sich die Abläufe einer Refit-Werft schwer mit denen einer Neubauwerft vereinbaren. Zunächst ist die Werteskala eine völlig andere: Der Wert eines Neubaus misst sich in zweistelligen Millionenbeträgen, während ein Refit selten mehrere Millionen erreicht (und häufig unter einer Million bleibt). Folglich richtet sich die Aufmerksamkeit des Managements naturgemäß auf Neubauten — oft zulasten des Refits.
Hinzu kommt der Faktor Zeit: Ein Refit beginnt und endet häufig innerhalb weniger Monate, weshalb die Werft extrem schnell reagieren können muss. Für detaillierte technische Analysen, die Bewertung verschiedener Subunternehmer oder lange Wartezeiten auf bestimmte Lieferungen bleibt kaum Zeit. Priorität hat, was schnell verfügbar und leicht mit dem Bestand an Bord integrierbar ist. Daher müssen Technik- und Einkaufsabteilung einer Refit-Werft einen völlig anderen Ansatz verfolgen als ihre Pendants im Neubau. Am Ende stellen sich die viel zitierten „Synergien“, auf die Neubauwerften hoffen, im Refit oft als Hindernisse heraus.
Insgesamt muss das Refit als eigenständige Industrie betrachtet werden, mit Dynamiken, die deutlich von denen des Neubaus abweichen.
Laut SuperYacht Times wurden 2024 weltweit 2.200 Refits an Yachten über 30 Metern durchgeführt. Diese Zahl, die hoch erscheinen mag, entspricht etwa einem Drittel der weltweiten Flotte — einer Flotte, die jährlich um rund 200 Einheiten wächst. Wichtig ist dabei klarzustellen, was unter Refit verstanden wird: Es handelt sich nicht nur um große Umbaumaßnahmen mit Änderungen des Innen-/Außenlayouts, Rumpfverlängerungen oder Repowering. Der Begriff umfasst auch die routinemäßige Wartung, die bei einer 40–50-Meter-Yacht jährliche Kosten von 300.000–400.000 Euro erreichen kann.
Nach Angaben von Confindustria Nautica umfassen „Refit-, Reparatur- und Winterlager-Aktivitäten die Reparatur des Rumpfes, der Innenräume und ganzer Boote, einschließlich der regelmäßigen Wartung, des vollständigen Umbaus (Refit) sowie der Lagerung und der dafür notwendigen Bewegungen.“ Eine Refit-Werft führt jährlich einen Mix aus unterschiedlichen Arbeiten durch, wobei nicht immer ein „Großprojekt“ dabei ist. Viel häufiger handelt es sich um Dutzende kleinerer Aufträge, deren gleichzeitige Durchführung eine organisatorische Herausforderung darstellt.
Ebenfalls laut SuperYacht Times hielten die USA 2024 mit 21 % des weltweiten Marktes (gemessen an der Anzahl der Aufträge) die führende Position, verteilt auf 29 Werften. Spanien folgte mit 20 %, konzentriert in zwei Hubs: Barcelona und Palma de Mallorca. Italien verfügt über die größte Zahl aktiver Refit-Werften (40 im Jahr 2024) und ist Weltmarktführer im 40-bis-60-Meter-Segment. Frankreich hingegen verfügt über nur 13 Refit-Werften, die jedoch den Vorteil haben, an Standorten zu liegen, an denen viele Yachten ganzjährig stationiert sind.
Um die Marktdynamiken zu verstehen, muss man die sogenannten Key Selling Points einer Refit-Werft betrachten sowie die tatsächlichen Entscheidungsträger. Amerikanische Werften bedienen primär eine lokale Kundschaft aus einer großen Flotte, die sich überwiegend in den USA, auf den Bahamas und in der Karibik befindet, insbesondere im 30-bis-40-Meter-Segment.
Entgegen der allgemeinen Annahme trifft der Eigner die Entscheidung für eine Refit-Werft fast nie selbst. In der Regel entscheiden der Yachtmanager oder direkt der Kapitän. Daher spielt der geografische Standort der Werft eine entscheidende Rolle. Beide werden sich ungern weit von ihrem Wohnort entfernen. Dies begünstigt besonders Werften an der Côte d’Azur und auf den Balearen — zum Nachteil vieler italienischer Werften. Aus denselben Gründen arbeiten kroatische, griechische und türkische Werften fast ausschließlich für Kunden aus dem eigenen Land.
Ein weiterer Punkt: Ein Teil der Crew bleibt während des Refits an Bord. Daher ist es wichtig, dass die Werft in einer Stadt liegt, die jungen Crewmitgliedern Freizeitmöglichkeiten bietet. Milde Winter, die Nähe zu internationalen Flughäfen, Bars, Restaurants und geringe Kriminalität sind relevante Kriterien.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Fähigkeit der Werft, über externe Subunternehmer zuverlässige Dienstleistungen zu bieten. Hier haben italienische Werften einen klaren Vorteil. Italien ist weltweit führend beim Bau von Yachten über 30 Meter. Daher haben alle italienischen Refit-Werften einfachen Zugang zu denselben Subunternehmern, die das jeweilige Boot möglicherweise selbst gebaut haben oder die Expertise besitzen, an jedem beliebigen System, Möbelstück oder Gerät an Bord zu arbeiten. Daher entstanden die wichtigsten Refit-Cluster Italiens in der Nähe der zwei großen Yachtbau-Hubs: Toskana und Marken.
Dies ist besonders relevant, da die Refit-Aktivitäten stark saisonal sind und die Werften gezwungen sind, schlanke Strukturen zu halten und in den Wintermonaten bei Bedarf externe Subunternehmer einzusetzen.
Ebenso wichtig ist die infrastrukturelle Kapazität einer Refit-Werft. Einige haben große Hebeanlagen (Docks oder Synchro-Lifts), mit denen Yachten von 80–100 Metern an Land gesetzt werden können. Andere haben im Laufe der Jahre immer größere Travel-Lifts angeschafft, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, die eine Folge immer größerer Flotten ist.
Betrachten wir nun den italienischen Refit-Markt. Laut Confindustria Nautica (La Nautica in Cifre) überschritt der Umsatz des Refit-Sektors 2024 die Marke von 500 Millionen Euro, wobei mehr als die Hälfte auf ausländische Yachten entfiel. Besonders bemerkenswert ist das enorme Wachstum der vergangenen Jahre: 2014 lag der Umsatz noch bei etwas über 140 Millionen Euro.
Um diese Ergebnisse zu erzielen, mussten italienische Refit-Werften erheblich in Ausrüstung investieren und neue Flächen erschließen. Die Eintrittsbarrieren in die Refit-Industrie sind hoch: Es werden spezielle und kostspielige Hebe- und Transportgeräte benötigt. Außerdem muss eine Refit-Werft zwangsläufig in einem Hafenbereich liegen, um Liegeplätze für Yachten im Refit bieten und schnelle, kostengünstige Kranvorgänge ermöglichen zu können.
Glücklicherweise gibt es solche Anlagen in Italien reichlich. Italien verfügt mit 40 aktiven Refit-Werften (2024) über die größte Zahl weltweit. Allerdings sind die verfügbaren Flächen — insbesondere im nördlichen Tyrrhenischen Raum — weitgehend ausgeschöpft. Dies begrenzt das Wachstumspotenzial des Sektors. Ein weiterer struktureller Engpass ist die geringe Zahl an Liegeplätzen für große Yachten südlich von Civitavecchia (mit Ausnahme des Golfs von Neapel) sowie im gesamten Adriatischen und Ionischen Meer. Wenn eine Yacht tausend Meilen für ein Refit zurücklegen muss, müssen auch die Repositionskosten einkalkuliert werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Refit eine eigenständige, schnell wachsende Industrie darstellt, deren Nachfrage-/Angebotsverhältnis derzeit unter Druck steht. Aufgrund struktureller und organisatorischer Herausforderungen bleibt die Eintrittsbarriere hoch, und der aktuelle Angebotsmangel wird voraussichtlich langfristig bestehen.
Abschließender Rat für Eigner, Yachtmanager und Kapitäne: Planen Sie Ihr nächstes Refit frühzeitig!
Alfonso Postorino