Das Schiffsunglück der Bayesian: Fakten, Theorien und die Spur des gesprungenen Glases

Editorial

12/05/2025 - 15:29

Robcornelis Maria Huijben Uiben, ein 39-jähriger Berufstaucher aus den Niederlanden, ist bei den laufenden Bergungsarbeiten des inzwischen berüchtigten Segelschiffs Bayesian ums Leben gekommen. Die 56 Meter lange Perini-Yacht war am frühen Morgen des 19. August vor Porticello (Sizilien) gesunken. Das Gebiet wurde unter Beschlagnahmung gestellt und die Bergungsarbeiten gestoppt. Die genaue Todesursache des Tauchers ist noch nicht abschließend geklärt. Seriösen Quellen zufolge kam es am 9. Mai zu einer Explosion, während Huijben, Mitarbeiter der niederländischen Bergungsfirma HEBO, mit einem Autogenschneider den Mast des Wracks bearbeitete. Die Detonation, ausgelöst durch einen Defekt am Schneidgerät oder anderen technischen Fehler, schleuderte ein Metallstück, das den Taucher tödlich traf. Diese Hypothese wird durch Videomaterial gestützt und soll in den nächsten Tagen per Autopsie überprüft werden.

Bayesian-Untergang: Gesicherte Erkenntnisse

Am Morgen des 19. August 2024 sank die unter britischer Flagge fahrende 56-Meter-Segelyacht Bayesian — ein Superyacht-Modell von Perini Navi — überraschend vor der sizilianischen Küste. Nach ruhigem Wetter setzte plötzlich ein extremes meteorologisches Phänomen ein. Innerhalb von 20 Minuten kenterte die Yacht und riss sieben Menschen mit in die Tiefe, darunter der britische Geschäftsmann Mike Lynch, seine Tochter Hannah, das Ehepaar Bloomer, das Ehepaar Morvillo sowie Bordkoch Recaldo Thomas. Fünfzehn Menschen konnten gerettet werden. Die Yacht war etwa 300 Meter vor der Küste vor Anker gelegen. Ein starker Downburst ließ das Schiff in kürzester Zeit kentern. Das sichtbare Wrack erscheint intakt, die rechte Bordseite liegt jedoch auf dem Meeresboden und wurde noch nicht untersucht. Alle inspizierten wasserdichten Türen waren verschlossen, auch das Schwenkkielsystem weist keine offensichtlichen Schäden auf.

Bayesian: Der Stand der Ermittlungen

Die Staatsanwaltschaft von Termini Imerese, vertreten durch Concetta Federico und Raffaele Cammarano, arbeitet mit Schiffsingenieur Alessandro Biriaco und der Küstenwache zusammen, um die Ereignisse aufzuklären. Eine technische Ursache vor Ankunft in der Ankerbucht steht im Raum, konkret ein beschädigtes Panzerglas zwischen Maschinenraum und Steuerzentrale. Corriere della Sera berichtet, dass Wasser möglicherweise schon vor dem Sturm in den Maschinenraum oder angrenzende Bereiche eindrang. Das Unwetter wäre demnach nur ein zusätzlicher Faktor. Ein Video zeigt ein gesprungenes, aber nicht zersplittertes Sicherheitsglas, das sich nach innen wölbt — ein deutliches Zeichen für Wasser unter hohem Druck aus dem Maschinenraum. Die Stahltür war geschlossen, andere Zugänge (Seeanschlüsse, Propellerwellen, Mannlöcher) könnten jedoch versagt haben. Ein struktureller Riss im Rumpf wurde bisher nicht entdeckt, ein Teil liegt allerdings noch verdeckt.

Zeugen berichten, dass der 72-Meter-Mast beleuchtet war, doch mit Eintreffen des Sturms erlosch das Licht — ein Hinweis auf Ausfall des Generators im Maschinenraum. Vermutlich war dies der erste überflutete Bereich.

Mike Lynch

Karsten Börne Borner, Kapitän der nahegelegenen Sir Robert Baden Powell, sagte: „Ich sah das Wetter aufziehen, weckte die Crew, startete die Motoren und stellte den Bug in den Wind.“ Die Bayesian hingegen reagierte nicht rechtzeitig. Kapitän James Cutfield, Offizier Griffiths und Maschinist Eaton — wegen fahrlässiger Tötung und Schiffsuntergang angeklagt — geben an, überrascht worden zu sein. Warum zwei benachbarte Schiffe so unterschiedlich reagierten, ist bislang unklar.

Bereits früher wurde ein Bruch eines Seitenfensters vermutet. Überlebende berichten, beim Entkommen auf Glasscherben getreten zu sein. Position und Art des defekten Glases könnten entscheidend sein, um die Flutungsdynamik zu rekonstruieren. Auch eine falsche Ausrichtung zum Wind wird von Fachleuten diskutiert.

Die Angehörigen fordern Gerechtigkeit. Mario Bellavista, Anwalt der Familie von Recaldo Thomas, erklärt: „Die Thesen der Ermittler werden sich bestätigen — sie sind alles andere als Verschwörungstheorien.“ Giovanni Rizzuti, Anwalt des Kapitäns, betont: „Die Ermittlungen werden seine Korrektheit belegen.“

Mit dem erwarteten Beginn der Bergung ab dem 25. Mai wachsen Spekulationen — von Sabotage bis zur vermeintlichen „Verfluchung des Wracks“. Doch wie PressMare mehrfach betont hat: In solchen Fällen zählt journalistische Präzision, nicht Sensation. Die Wahrheit liegt nicht in Gerüchten, sondern in den Beweisen, die nur das Wrack selbst liefern kann.

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