
Diego Michele Deprati CEO Gruppo Baglietto
Deprati: Baglietto setzt auf den Militärbereich, neue Modelle und prüft Übernahmen
Riccardo Masnata traf für PressMare Diego Michele Deprati, CEO der Baglietto-Gruppe, während des jüngsten Blue Design Summit in La Spezia (13.–16. Mai), einer Veranstaltung mit zahlreichen Akteuren der Yachtindustrie.
PressMare – Die Werft Baglietto befindet sich im berühmten „Blauen Meile“ der italienischen Nautik: Sie haben eine klar definierte Position im Kontext des ligurischen und insbesondere des Speziaer Schiffbaus.
Diego Michele Deprati – Unsere Rolle ist auch eine Verantwortung, denn diese Gegend entwickelt sich zunehmend zur „Yacht Valley“ Italiens, mit einer hohen Dichte nicht nur an Werften, sondern auch an Unternehmen, die eine wichtige Lieferkette bilden. Dieser Gipfel ist ein wichtiger Moment, um diese Beziehung und Zusammenarbeit mit dem Gebiet zu unterstreichen, was grundlegend ist. Der Blue Design Summit ist daher willkommen – eine Gelegenheit, deutlich zu machen, dass die italienische Nautik auf nationaler Ebene eine bedeutende Rolle spielt und „die Lautstärke aufdreht“.

PM – Apropos Beziehung zum Gebiet: Wie viele Arbeitsplätze schaffen Sie hier, und wie ist Ihre Struktur aufgebaut?
DMD – Wir sind auf zwei Standorte verteilt: eine Produktionsstätte in Marina di Carrara und eine in La Spezia. Heute arbeiten direkt und indirekt etwa tausend Personen an diesen beiden Standorten. Wir engagieren uns zudem im Verteidigungsbereich, einem anderen Geschäftsfeld, und rechnen angesichts der laufenden Aufträge in den kommenden Jahren mit einem erheblichen Anstieg der Beschäftigten in diesem Sektor.
PM – Wird der Ausbau der Belegschaft auch den Ausbau der Infrastruktur mit sich bringen?
DMD – Wir planen auch den Ausbau unserer Infrastruktur. Wir prüfen derzeit Übernahmeoptionen – Unternehmen, die sich ganz auf den Militärbereich konzentrieren sollen. Wie bekannt, ist der Yachting-Bereich vom Verteidigungsbereich getrennt, und wir wollen die Business Unit „Baglietto Navy“ vollständig unabhängig aufbauen. Dafür möchten wir ein Unternehmen übernehmen, das als operative Einheit von Baglietto Navy fungieren soll. Natürlich benötigen wir dafür auch die passende Infrastruktur – das ins Auge gefasste Unternehmen verfügt bereits über die für uns geeigneten Einrichtungen.
PM – Handelt es sich um ein Unternehmen aus der Region?
DMD – Ich kann sagen, dass es sich um ein ligurisches Unternehmen handelt.

PM – Zum Thema Innovation: Vor einiger Zeit hatten Sie angekündigt, möglicherweise wieder Segelboote zu bauen – ein Bereich, der im DNA von Baglietto liegt. Die Werft feierte letztes Jahr ihr 170-jähriges Bestehen.
DMD – Ja, das hatten wir gesagt, und Sie erinnern mich sehr geschickt daran. Ehrlich gesagt liegt unser aktueller Fokus im Yachting-Segment auf Wasserstoffprojekten. Das Thema Segel bleibt eine Priorität, aber momentan konzentrieren wir uns auf ein 63 Meter langes Schiff, dessen Bau bereits begonnen hat und das erstmals eine Wasserstoffkomponente enthalten wird. Diese Plattform wird „fit for“ gebaut – also vorbereitet –, sodass der Kunde sie mit konventionellem Antrieb erwerben kann, aber bereits für das Wasserstoffsystem BZERO vorbereitet ist, das nach umfangreichen Tests seit einem Jahr in Betrieb ist. Dieses Schiff wird auf eigene Rechnung der Werft gebaut und ist derzeit unsere Priorität.
PM – Technisch gesehen verfolgen Sie beim Wasserstoff einen anderen Weg als andere.
DMD – Für uns ist das Wasserstoffboot noch Zukunftsmusik – vorerst sprechen wir nur über den Einsatz in Hotel- und Antriebssystemen. Dieses Boot wird strukturelle Tanks enthalten, die bis zu 500 kg Wasserstoff fassen – das entspricht ca. 8 MW, also etwa 24 Stunden Autonomie bei 7–8 Knoten Geschwindigkeit. Die Betankung ist ein weiteres Thema: Ein Teil kann über Photovoltaik an Bord erzeugt werden, aber natürlich braucht es auch eine externe Versorgung. Unser Projekt BZERO wurde genau dafür entwickelt – Wasserstoff in Meeresnähe zu produzieren.

PM – Ein Hindernis könnte das Fehlen geeigneter Infrastruktur für solche Yachten sein?
DMD – In der Tat gibt es die nötige Technologie noch nicht – und es hängt auch vom Bootstyp ab. Ein 5-Meter-Boot ist etwas anderes als ein 70-Meter-Schiff. Jede Yacht hat ihre eigenen Anforderungen und ihren eigenen Energiebedarf – das muss individuell analysiert werden. Dieses 63-Meter-Schiff ist das Minimum, um Wasserstoff sinnvoll an Bord zu integrieren, ohne die traditionellen Eigenschaften bei einer konventionellen Version zu verlieren. Es wird weiterhin über 100–150 Tausend Liter Diesel verfügen – ein kleiner Teil der Tanks ist für Wasserstoff vorgesehen.
PM – Ihre Technologie stammt im Grunde aus dem U-Boot-Bereich...
DMD – Ja, die Technologie ist im Wesentlichen dieselbe: Meerwasseraufbereitung, Brennstoffzellen und Energie. Seit Beginn des BZERO-Projekts hat sich die Entwicklung so schnell vollzogen, dass wir jedes Jahr neue Maßstäbe setzen können – sowohl in Bezug auf Effizienz als auch auf Kosten. Ich glaube, dass wir innerhalb von fünf Jahren – oder sogar weniger – wirklich bedeutende Ergebnisse erzielen werden.

PM – Kommen wir zum Markt und speziell zu Ihrer Performance: Wie läuft es bei Baglietto?
DMD – Unser Auftragsbestand bewegt sich seit rund zwei Jahren stabil um die 500 Millionen Euro. Die aktuellen Lieferungen reichen bis ins Jahr 2028. Zurzeit haben wir etwa 20 Yachten im Bau – vom 35-Meter-Einstiegsmodell bis hin zu dem 63-Meter-Projekt, über das wir gesprochen haben. In den Jahren 2023 und 2024 war die Nachfrage im Bereich 35–60 Meter stabil. Auch für 2025 erwarten wir ein gleichbleibendes Niveau. Ich rechne in diesem Jahr nicht mit einem Auftragsrückgang – auch wenn die wirtschaftliche und geopolitische Lage etwas Verunsicherung bringt.
PM – Meinen Sie damit die Zölle?
DMD – Es geht weniger um Zölle, sondern eher um den geschwächten Dollar, der für amerikanische Kunden ein Problem darstellen könnte. Wichtig ist es, vorbereitet zu sein. Wir haben neue Projekte in der Pipeline. Bisher waren unsere Modelle DOM und T52 unsere Zugpferde. In diesem Jahr haben wir den T54 vorgestellt. Zudem arbeiten wir mit Francesco Paszkowski an einem neuen Projekt mit verändertem Layout und mit Giorgio und Stefano Vafiadis an einem neuen DOM von ca. 46 Metern Länge.

PM – Kommen wir zur Belegschaft: Fachkräftemangel ist ein Dauerbrenner. Haben auch Sie Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden?
DMD – Die aktuelle Situation hat alle verfügbaren Ressourcen absorbiert. Es ist kein Geheimnis, dass sich die Werften oft gegenseitig Fachkräfte „wegnehmen“. Die größten Probleme liegen in der Lieferkette – der Markt fordert höhere Produktionszahlen, aber das ist ohne mehr Personal nicht machbar. Improvisierte Subunternehmen lösen das Problem nicht, denn damit gefährdet man die Qualität. Wir bauen jährlich nicht mehr als 6–7 Boote. Wir haben ein stabiles Netz an Zulieferern aufgebaut, die das Rückgrat der Werft sind – innerhalb dieser Zahlen können wir die Qualität weiterhin garantieren.
PM – Verstehen junge Menschen, dass die Nautik eine echte Chance ist? Finden Sie noch italienische Schweißer und Schiffszimmerleute?
DMD – Das Problem sind nicht die Jugendlichen, sondern ihre Eltern. Die wollen ihre Kinder nur noch als Ingenieure, Professoren oder Ärzte sehen. Damit tun sie den Kindern keinen Gefallen – viele landen in Berufen, für die sie nicht geeignet sind, und handwerkliche Fähigkeiten gehen verloren. Wenn wir ein wenig zu mehr Bescheidenheit zurückfinden, könnten wir einiges erreichen. Es gibt viele talentierte junge Leute – man müsste nur die Eltern erziehen.

PM – Ganz konkret: Was verdient ein Aluminiumschweißer?
DMD – Netto zwischen 3.000 und 4.000 Euro. Das ist eine Botschaft, die man verbreiten muss: Ein Berufseinsteiger als Ingenieur verdient oft nicht einmal 2.000 Euro.
PM – Lohnt es sich noch, solche Arbeiten auszulagern, oder denken Sie über eine Inhouse-Produktion nach?
DMD – Unser Sektor ist inzwischen stabilisiert, aber ich glaube nicht, dass es zukunftsfähig ist, eine eigene Produktionsstruktur aufzubauen – das ist zu riskant. Investitionen in die Zulieferkette bleiben meines Erachtens das effizienteste Modell.
PM – Fürchten Sie die türkische Bootsbauindustrie? Sie wächst stark – auch qualitativ – und gewinnt zunehmend das Vertrauen der Eigner.
DMD – Einige türkische Werften haben ein technologisches Niveau erreicht, das dem italienischen sehr nahekommt. Allerdings zu deutlich niedrigeren Kosten, was immer ein Risikofaktor ist. Die Türkei ist kein EU-Land und ihre politische Lage ist historisch volatil. Vor allem aber bleibt eine türkische Yacht eine türkische Yacht – eine italienische ist eine italienische, mit allem, was das in puncto Stil und Image bedeutet.
Riccardo Masnata
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