Die Superyacht-Industrie generiert 54 Milliarden Euro
Die globale wirtschaftliche Auswirkung der Superyacht-Industrie hat inzwischen 54 Milliarden Euro erreicht – eine Zahl, die die Wahrnehmung eines Sektors neu definiert, der in den Schlagzeilen oft vereinfacht dargestellt, aber selten in seinen tatsächlichen ökonomischen Dimensionen verstanden wird.
Am 18. November 2025 erhielt die Branche auf dem Superyacht Forum in Amsterdam eine endgültige, datengestützte Bewertung ihres realen wirtschaftlichen Gewichts. Die globale wirtschaftliche Auswirkung der Superyacht-Industrie hat nun 54 Milliarden Euro erreicht – ein Wert, der die Sichtweise auf einen Sektor verändert, der häufig oberflächlich beschrieben wird, dessen wirtschaftliche Bedeutung jedoch selten im Detail erfasst wird.
Die in Zusammenarbeit mit SYBass und Superyacht Life präsentierte Studie fasst den umfassendsten Datensatz zusammen, der jemals in der Branche erhoben wurde. Industrieumfragen, AIS-Daten, Charter-Nutzung, von Deloitte validierte Finanzanalysen, internationale Brokerage-Statistiken und fünfzig Experteninterviews bilden das Fundament der Untersuchung. Das Ergebnis ist ein Modell in Form eines Eisbergs – eine passende Metapher für einen Sektor, in dem der sichtbare Luxus einen weit verzweigten industriellen, technologischen und wirtschaftlichen Unterbau verbirgt.
Der Neubausektor bleibt das zentrale wirtschaftliche Rückgrat der Branche. Allein im Jahr 2022 wurden 221 Superyachten ausgeliefert, die 7,2 Milliarden Euro an direkter Wirkung und 20 Milliarden Euro unter Berücksichtigung der indirekten Effekte generierten. Europa dominiert die Produktion mit einem weltweiten Anteil von 78,4 %, getragen vor allem von Italien, den Niederlanden und Deutschland. Der Multiplikatoreffekt eines einzelnen Neubaus ist erheblich: Rumpf und Aufbauten stehen für 21 % der Ausgaben, mechanische Systeme für 20 %, Luxusinterieurs für 11 % und Crew- sowie technische Bereiche für 9 %. Dutzende spezialisierter Industriezweige tragen zu jedem einzelnen Projekt bei. Die Studie betont, dass Neubauten „die Wirkung aller anderen Sektoren verstärken“ und weiterhin ein starker Treiber für Innovation und Beschäftigung sind.
Der Refit-Bereich ist jedoch das am schnellsten wachsende Segment. Mit 141 aktiven Standorten weltweit erzeugte der Sektor 2,3 Milliarden Euro an direkter Wirkung und 5,6 Milliarden Euro an gesamtem wirtschaftlichem Beitrag. Die USA, Italien, die Niederlande, die Türkei und Frankreich führen den Markt an, unterstützt durch die steigende Zahl alternder Superyachten, die Modernisierungen, Upgrades und nachhaltigkeitsorientierte Nachrüstungen benötigen. Besonders große Einheiten erzeugen einen überproportionalen Anteil der Ausgaben: Die Kategorie über 60 Meter steht für 22 % aller Refit-Aufenthalte, obwohl sie nur einen kleinen Anteil der Gesamtflotte ausmacht.
Die Märkte für Brokerage und Charter tragen zusätzliche komplexe Dynamiken bei. Obwohl sie in makroökonomischen Analysen oft weniger beachtet werden, generieren sie bedeutende Werte: 278 Millionen Euro an Brokerage-Kommissionen und 250 Millionen Euro an Charter-Kommissionen. Auch hier erzeugen die größten Yachten den größten Anteil: Bei Einheiten über 60 m erreichte der Wert der Charter-Kommissionen 118 Millionen Euro in nur einem Jahr. Bemerkenswert ist, dass diese Zahlen 5,2 Milliarden Euro an Transaktionen nicht berücksichtigen – ein Hinweis auf die konservative Natur der veröffentlichten Daten.
Die Analyse des Flottenbetriebs widerlegt die Vorstellung, dass der wirtschaftliche Effekt nach der Ablieferung eines Schiffs endet. Das Gegenteil ist der Fall. Mit fast 6.000 aktiven Superyachten trägt jede Einheit jährlich 9 Millionen Euro zur Wirtschaft bei. Der tägliche Betrieb der Flotte generiert 12,1 Milliarden Euro an direktem Effekt und 27,1 Milliarden Euro an Gesamtwirkung. Personalkosten dominieren die Ausgaben mit 37 %, gefolgt von Wartung (20 %), Betriebskosten (16,5 %), Verwaltung (6,7 %) und Treibstoff (knapp 6 %). Der durch Superyachten ausgelöste Tourismus liefert zusätzliche 3,8 Milliarden Euro, die Häfen, Marinas, Gastgewerbe, Transport und lokale Lieferketten in internationalen Fahrgebieten unterstützen.
Die Zusammensetzung der Flotte beeinflusst die Ausgabenstruktur erheblich. Yachten zwischen 30 und 40 Metern stellen 63 % der Weltflotte, stehen aber für nur 39 % der Gesamtausgaben. Schiffe über 60 m – lediglich 9 % der Flotte – verursachen 29 % aller Betriebskosten, was die wirtschaftliche Bedeutung großer Einheiten unterstreicht.

Ein globales Ökosystem, getragen von UHNWIs
Die Eigentümerstruktur liefert weitere zentrale Erkenntnisse. Die Vereinigten Staaten führen mit 23 % der weltweiten Superyacht-Eigner, gefolgt von Russland und Saudi-Arabien. Gemessen an der Gesamtlänge (LOA) bleiben diese drei Länder ebenfalls unter den führenden Nationen und prägen damit Ausrichtung, kulturelles Profil und operative Verteilung des Sektors.
Die Schlussfolgerung der Studie ist eindeutig. Die direkten Auswirkungen des Sektors – 22,2 Milliarden Euro – kombiniert mit 31,7 Milliarden Euro an indirekter Wirkung belegen den erheblichen ökonomischen Spillover-Effekt, der von UHNWIs ausgeht. Die Branche ist keineswegs eine abgeschlossene Luxussphäre: Sie schafft Arbeitsplätze, stärkt Lieferketten, fördert F&E-Investitionen und unterstützt tausende KMU weltweit.
Die letzte Folie der Studie fasste es prägnant zusammen: Jedes Jahr fließen 54 Milliarden Euro in das maritime Ökosystem, treiben Innovationen voran, unterstützen lokale Gemeinschaften und verdeutlichen den industriellen Maßstab der Superyacht-Welt.
Was die Öffentlichkeit oberhalb der Wasserlinie wahrnimmt – elegante Silhouetten, die durch mediterrane Buchten gleiten – ist nur ein kleiner Teil der Realität. Unter der Oberfläche arbeitet ein komplexer, hochentwickelter wirtschaftlicher Motor.
Rebecca Gabbi
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